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Neuigkeiten - 1. Juli 2022

„Wo bist du und wie zeigst du dich?!“ – Zum Stand des Bauimpules

Interview mit Elisabeth Klink und Christoph Doll zum aktuellen Stand des Bauimpulses

Juni 2022

Marian Conens: Ich sitze hier mit Christoph Doll und Elisabeth Klink in der Bibliothek des Waldorfseminars in Berlin. Könnt Ihr euch kurz vorstellen?

Elisabeth Klink: Ich bin Elisabeth Klink und seit 20 Jahren Geschäftsführerin hier am Seminar.

Christoph Doll: Mein Name ist Christoph Doll und ich bin verantwortlich für den Bereich der Klassenleher:innen-Ausbildung und –Studium sowie für die Bereiche Schulungsweg und auch Religion. Interkulturelle Pädagogik ist mein Steckenpferd. Ansonsten habe ich hier die Aufgabe der Seminarleitung, die Kontaktpflege nach außen, Kontakt zum Bund der Freien Waldorfschulen und die Öffentlichkeitsarbeit.

Marian Conens: Eine Reihe von Menschen haben gehört, dass es einen Neubauimpuls gibt, den ihr plant und vorantreibt. Könnt Ihr erzählen, was dieser Impuls ist, warum es ihn gibt und wie es dazu kam?

Elisabeth Klink: Wir befinden uns seit 22 Jahren auf dem Schulgelände der Freien Waldorfschule Mitte. Wir haben hier einen kleinen, dem großen Schulgebäude vorgelagerten Mobilbau Das ist einer dieser Mobilbauten, die überall errichtet wurden, als Schulplätze in zu geringer Zahl vorhanden waren. Die Freie Waldorfschule Mitte brauchte bei ihrem Einzug nicht das ganze Gebäude, so dass wir die erste und zweite Etage übernehmen konnten. Das fanden wir sehr gut, weil wir damit direkt an eine Schule angebunden waren!
Die Schule selbst hält das Gelände, das ja wirklich ausgesprochen zentral  in Berlins Mitte liegt – man sieht von hier aus den Fernsehturm und die Touristen strömen hier vorbei – die Schule hält dieses Gelände in Erbpacht. Dieser Vertrag sieht vor, dass der Mobilbau des Seminars abgerissen werden muss, sobald die Schule einen Lückenschluss, also einen Neubau um die Ecke in der Steinstraße vornimmt. Schon jetzt hat das Gebäude keine Standgenehmigung mehr.
Als klar war, dass die Schule in eine konkrete Planung geht, um ihren wachsenden Raumbedarf decken zu können, haben wir als Seminar uns dem Baukreis der Schule angeschlossen, um gemeinsam zu erreichen, dass auch wir als Seminar eine Zukunft auf dem Gelände haben können. Die Verhandlungen mit dem Bezirk wurden aufgenommen und wir konnten erreichen, dass an der Stelle, wo jetzt der Mobilbau steht, ein Gebäude neu errichtet werden darf. Das war ein großer Erfolg für die Schule und das Seminar.
Das heißt, die Notwendigkeit eines Neubaus besteht alleine schon von der äußeren Situation heraus.

Herr Doll und Frau Klink betrachten das Umgebungsmodell des neuen Gebäudes "Waldorf im Zentrum"

Christoph Doll: Und es gibt natürlich auch einen inneren Weg, den wir bei der Entwicklung der Neubauidee gegangen sind. Wenn man zurückschaut auf die einzelnen Orte, an denen das Seminar vorher für kürzere oder längere Zeit heimisch war, da waren die Bedingungen immer auch schwierig. Aber in den letzten Jahren ist es gelungen, das Seminar zu etablieren und zu konsolidieren, sodass es ein stetiges Wachstum gab, das Seminar sichtbar wurde. Das Kollegium ist ein Vielfältigeres geworden und man fühlt sich hier mit diesen Impulsen wie in einem Ei, das man jetzt aufbrechen will. Es ist nicht nur die äußere Mauer, es ist die innere, die seelische Mauer, um mit dem, was Waldorfpädagogik kann und sein will, nach außen zu treten, sich damit in die Öffentlichkeit zu begeben: Wirklich aktiv und nicht nur wartend – kommen Kritiker:innen, kommen Freund:innen -, sondern aktiv sichtbar in die Öffentlichkeit.
Der Grundimpuls bei diesem Bau ist es zu sagen, dass wir es damit bis in die äußere Form bringen wollen. Auch mit den Partner:innen, die dann hier ebenfalls ihren Platz finden: Das wird ein Kindergarten sein, das sind die Freunde der Erziehungskunst, das ist das Büro der Landesarbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg und das ist das Büro des Bundes der Freien Waldorfschulen für Öffentlichkeitsarbeit und Politisches Netzwerken. Man sieht also, es ist ein Ort zwischen Volksbühne und Hackescher Markt, zwischen Alexanderplatz und Rosenthaler Platz, wo Leben stattfindet, wo Gesellschaft sichtbar wird, wo Menschen sich begegnen.

Marian Conens: Ihr seid hier schon erste Schritte gegangen. Es gibt eine tolle Webseite, ihr habt ein eigenes Corprate Design für diesen Neubauimpuls. Gestern vor ziemlich genau einem Jahr war der letzte Blog-Beitrag auf dieser Webseite…. Warum hat man so lange von euch nichts gehört, wie ist der aktuelle Stand?

Herr Doll und Frau Klink stellen sich das neue Gebäude vor "Waldorf im Zentrum"

Christoph Doll: Wir sind nicht sicher, ob es Pech war oder ob es letztlich eine glückliche Fügung sein kann. Wir haben unsere Kampagne angelegt in Vor-Pandemiezeiten auf In-Begegnung-Gehen, In-Beziehung-gehen. Menschen begeistern, Menschen ins Gespräch bringen. Alles war auf Austausch ausgerichtet und direkten Kontakt.
Durch die Pandemie-Phase waren wir auf uns selbst zurückgeworfen und es hat in dieser Zeit einen inneren Prozess gegeben, wie es bei vielen anderen Menschen und Gemeinschaften so war.
Bei uns hat sich dieser Impuls für das Projekt noch eher verstärkt und jetzt nach Ende des Lockdowns wollen wir noch stärker nach außen gehen, wir müssen uns zeigen und wir dürfen uns nicht mit der Nische zufriedengeben. Das Material ist da. Wir können jederzeit loslegen.

Marian Conens: Ich habe gehört, dass auch manches von organisatorischen, verwaltungstechnischen Fragen abhängt. Was ist in diesem Bereich passiert?

Elisabeth Klink: Zum einen, dass wir auf der online-Mitgliederversammlung des Bundes eine Präsentation mit allen Playern gehabt haben. Das ist gut angekommen.
Jetzt haben wir, als es wieder möglich war, das Projekt auf der Bundesgeschäftsführer:innen-Tagung in Berlin vorgestellt. Wir haben also die erste Möglichkeit, die es für uns gab, genutzt, um die Kampagne wieder ins Rollen zu bringen.
Es ist uns gelungen, das Projekt in der Region zu verankern: Die Waldorfschulen unterstützen uns nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Dafür sind wir sehr dankbar. Denn das ist die Voraussetzung für alle weiteren Schritte.
Wir sind mit der Freien Waldorfschule Mitte im Gespräch, denn wir müssen natürlich für dieses Projekt einen rechtlich und nachhaltig tragbaren Rahmen entwickeln. Wir gehen davon aus, im Herbst erste greifbare Ergebnisse zu haben.

Marian Conens: Das heißt, der Prozess hört sich noch offen an? In welche Richtung geht es?

Christoph Doll: Man muss verstehen: Die Schule [Waldorfschule Mitte] hatte jetzt ganz viel zu tun, den eigenen Bau – eben diesen Lückenschluss von dem Frau Klink gesprochen hat – zu planen, die Finanzierung aufzustellen und so weiter. Das ist in dieser Zeit nicht so leicht gewesen. Jetzt haben sie angefangen zu bauen. Wir haben eine Arbeitsgruppe gegründet, die genau anschaut, was auf uns zukommt, wenn deren Bau fertiggestellt ist und die rechtlichen Fragen in den Blick nimmt. Da sitzt der Bund der Freien Waldorfschulen mit am Tisch.
Im kommenden Schuljahr wollen wir die einzelnen Arbeitsgemeinschaften des Bundes besuchen, um das Projekt vorzustellen. Denn es muss klar sein: Ein Seminar hat keine Eigenmittel, sondern ist finanziert vom Bund, von Mitgliedschulen im Bund der Freien Waldorfschulen. Und deshalb müssen wir da bekannt sein, wir müssen gewollt werden.

Marian Conens:  Wenn Menschen von dem Bauimpuls Wind bekommen, Fotos sehen, die Vision teilen: Was würdet ihr ihnen sagen, wie kann man euch unterstützen? Wo könnt ihr Kräfte gebrauchen?

Das Umgebungsmodell vom Neubauimpuls "Waldorf im Zentrum"

Christoph Doll: Man kann auf unserer Homepage spenden! Sehr einfach: www.waldorf-im-zentrum.de. Aber wir brauchen vor allem Menschen, die das wirklich verstehen, was für eine positive Wirkung dieser Bauimpuls hat: Das ist Waldorf im Zentrum, im Zentrum der Bundeshauptstatt, im Zentrum des gesellschaftlichen Geschehens. Das bedeutet für die Bewegung ganz, ganz viel.
Ich habe mit den Studierenden gesprochen, ob es für sie eine Bedeutung hat, wo das Seminar ist. Denn, Interessierte googeln sofort Waldorfpädagogik, stoßen eher auf Kritik und üble Nachrede, als auf positives. Und dann haben sie erzählt: Nee, wenn das so verschwurbelte, Verschwörer oder sonst wie esoterisch abgehobene sind, dann stellen die sich nicht da in die Weinmeisterstraße, in diesen Brennpunkt der gesellschaftlichen Strömungen. Das gibt mir Vertrauen.
Das halte ich für einen ganz wichtigen Aspekt. Das spricht mehr als jeder Zeitungsartikel: Wo bist du und wie zeigst du dich?!

Marian Conens: Spannend welche Herausforderung ihr euch selbst damit stellt.
Zum Abschluss die Frage: Wann hören wir wieder von euch? Juni 2023?

Christoph Doll: Im Herbst!

Marian Conens: Danke euch!