Die Idee eines neuen Gebäudes fällt nicht vom Himmel: Seit 2002 nutzt das Seminar einen Mobilbau auf dem Gelände der Freien Waldorfschule Berlin-Mitte. Das Berliner Büro der Freunde der Erziehungskunst hat hier ebenfalls eine Heimat gefunden.
Inzwischen ist der Bau jedoch in die Jahre gekommen. Seit Jahren gibt es keine Standgenehmigung mehr für das Gebäude. Es besteht nur noch eine Duldung durch den Bezirk, der eine Freifläche bevorzugen würde. Als die Waldorfschule Mitte beginnt, für den wachsenden Raumbedarf eine Lückenschließung auf dem Gelände zu planen, steigt das Seminar mit ein: denn der Pachtvertrag der Schule schreibt den Abriss des Seminar-Mobilbaus bei einer baulichen Schulerweiterung zwingend vor.
Zusammen entwickeln Schule und Seminar Visionen für das große Gelände. Schnell wird deutlich, dass der Bezirk an den Planungen beteiligt werden muss. Das Stadtplanungs- und Denkmalamt steigen in den Prozess ein. Das öffentliche Interesse an diesem zentralen Ort ist groß, zumal das Schulgebäude unter Denkmalschutz steht.
In Verhandlungen mit dem Bezirk kann das Waldorfseminar den ersten großen Erfolg erreichen: Statt des Abrisses des Gebäudes zur Wiederherstellung einer Freifläche macht die Verwaltung den Weg für ein neues Gebäude frei.
Ein zweistufiges Wettbewerbsverfahren soll die Gestaltungsmöglichkeiten des Schulgeländes in städtebaulicher und architektonischer Hinsicht aufzeigen. Der Bezirk beteiligt sich an dem gesamten Verfahren.
Es wird ein spannendes Jahr: Mit der Architektin Ulrike Lickert entwickelt das Seminar Raumprogramme für Schule und Lehrer*innenausbildung. Die Vorgehensweise wird diskutiert und wieder verworfen und unter der Vielzahl von Bewerber*innen für das Wettbewerbsverfahren eine Auswahl getroffen.
Im Januar 2020 tagt das Preisgericht, bestehend aus Architekt*innen, Vertreter*innen des Bezirks, der Schule und des Seminars. Insgesamt sind es 37 Menschen, die begutachten, diskutieren und beurteilen. Die Entscheidung fällt nicht leicht. Am Ende gibt es zwei 1. Preise, zum einen für den Erweiterungs- und Hortbau der Schule, zum anderen für den Neubau des Seminars. Hier ist es das Architekturbüro Dettinger und Schürmann aus München, das mit seiner gleichermaßen begegnungsorientieren und funktionsbezogenen und dabei großzügigen Planung überzeugt.